Archäologische Ausgrabungen im tal der Hernád
Anfang August haben wir entlang der Streckenführung der Autobahn M30 mit Probegrabungen begonnen. In der Hälfte der 16 Fundorte des sich auf vier Siedlungen erstreckenden Forschungsgebietes archäologisches Erbe entdeckt.
Die Arbeit findet in einem besonderen geografischen Umfeld statt, denn der Arbeitsort ist das ehemalige Flussbett des Flusses Hernád. Das von dem Fluss oft umgeschichtete Sediment schützte die darunterliegenden prähistorischen Siedlungsreste. Außerdem ist die Anzahl der am Fundplatz nachweisbaren Epochen bedingt durch die Verbindungsrolle des Tals in Nord-Süd-Richtung recht hoch: so waren Funde aus mehreren neolithischen, spätbronzezeitlichen sowie keltischen Zusammenhängen geborgen worden. Des Weiteren waren Quaden, Vandalen und Awaren nachzuweisen.
„Bemerkenswert viele Friedhöfe bzw. Bestattungen wurden gefunden, Bestattungen aus der Bronzezeit gemischt mit keltischen Gräbern: Wahrscheinlich entdeckten wir den Friedhof der nahe gelegenen Erdburg aus der Bronze- und Eisenzeit. Skelettgräber, die typisch für die frühe Periode der späten Bronzezeit sind, wurden ebenfalls gefunden, wir haben aber auch Urnengräber entdeckt, die charakteristisch für die spätere Phase dieser Periode sind” – fasste der Grabungsleiter Dániel Fűköh die bisherigen Ergebnisse zusammen.
Auch geologisch interessante Formationen erbrachten die Forschungen: in dem ehemaligen Tal des Flusses Hernád und des Bársonyos-Baches gelangte auf das in den pannonischen Lehm eingeschnittene Flussbett das Kiesel-Sediment der Hernád. Darauf lagerte sich eine verhältnismäßig dünne Erdschicht ab. Aufgrund des kleinen Anbaufeldes vermischen sich hier viele Zeitabschnitte, die nicht genau voneinander getrennt sind. Eine andere interessante Sache ist die ungewöhnliche, umgekehrte Stratigraphie des Gebiets: dadurch, dass der Hernád fortwährend sein Tal grub und nach Osten immer tiefer ins Land wanderte, waren die Menschen gezwungen, dem lebenspendenden Wasser zu folgen. Auf diese Weise drangen die jüngeren Siedlungsschichten im Vergleich zu den früheren tiefer vor.
Ende Oktober 2018 fanden wir in der Nähe von Hidasnémeti einen 1200 Jahre alten, vollständig erhaltenen Backofen aus Bruchstein. Dániel Fűköh, der Grabungsleiter, identifizierte die Überreste eines Hauses mit aufsteigenden Wänden und einer Pfostenstruktur aus der späteren Awaren-Zeit. Dieser Ofen wurde im 8-9. Jahrhundert in die Ecke dieses Hauses eingebaut. Bevor er freigelegt werden konnte, schaute er lediglich wie ein Steinhaufen aus. Ofenfunde, und dazu noch völlig intakte, sind hier sehr selten.
Beim Ofenbau fand kein Bindemittel Verwendung.Nur das Gewicht der Steine hielt die Kontruktion zusammen. Bei der Ausgrabung wurde zwar zwischen den Steinen eine gelbe Lehmschicht beobachtet, diese ist aber auf die Außenwand des fertigen Ofens aufgetragen worden. Der Ofen war von unten nach oben aus immer kleineren Steinen aufgebaut. Zwei große Steinquader bildeten den Schlund, in seinem Inneren kann eine stark durchgebackene, geklebte Fläche beobachtet werden.
In der Gegend tauchten Obsidiansteinklingen, Kernsteine und Scherben auf. « Die Steinklingen wurden vielseitig verwendet. Interessant ist, dass alle Klingen innerhalb eines Hausgrundrisses gefunden wurden, deshalb ist es wahrscheinlich, dass wir den Teil einer Werkstatt freigelegt haben. » – sagte der Grabungsleiter Dániel Fűköh. Obsidian , wurde von den Menschen der Bükk-Kultur im NO-Gebiet des heutigen Ungarn abgebaut. Für diesen seltenen und wertvollen Rohstoff sind regelrechte Industrieanlagen entstanden.
Dieser Teil des Landes wurde in der zweiten Hälfte der Jungsteinzeit (6.-5. Jh. v. Chr.) von der bäuerlichen Bükk Kultur beherrscht. Ihre Siedlungen waren in Höhlen, in der Nähe von Flussbetten und selten in höher gelegenen Gebieten zu finden. Ihre Haupttätigkeit war der Obsidianabbau und –handel. Mitteleuropa wurde von ihren Händlern mit verarbeitetem (Messerklingen) oder halbverarbeitetem (Kernstein) Obsidian versorgt. Neben dem wertvollen Obsidian exportierten sie auch ihre Keramikerzeugnisse wie Töpfe und Gefäße. In Richtung Westen verlief die Obsidianstraße entlang der heutigen Strecke Budapest-Miskolc. In Richtung Süden reisten die Händler über das heutige Szolnok. Sie beschäftigten sich daneben auch mit Landwirtschaft und waren Berghirten, weiterhin stellten siedie damals modernste Keramik Mitteleuropas her und zwar dünnwandige, bunte Gefäße mit zierlichen Dekorationen.
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